Lebendige Erde – gesunde Pflanzen


Dieser Aussage kann wohl jeder Gartenfreund zustimmen, doch sofort kommt die Frage auf, was ist lebendige Erde und wie erreicht man diese im Garten.
In meinem Aufsatz „Die Erde im Rosengarten“, Schwarzwälder Rosenbote 1 und 2 / 2014, hatte ich darauf hingewiesen, wie unabdingbar tief gelockerter Boden für Rosen ist. Das ist die erste grundlegende Voraussetzung für gesunde Rosenpflanzen. Aber gelockerte Erde muß noch nicht gesund und lebendig sein, im Gegenteil: was da als „Humus“ über den festgewalzten Unterboden geschoben wird, ist oft nahezu toter Abraum zweifelhafter Herkunft. Wie lässt sich daraus mit vertretbarem Aufwand ein lebendiger Gartenboden herstellen?
Das dauert auf jeden Fall einige Jahre, denn Bodenleben muß wachsen können, kann nicht erzwungen werden. Damit es sich rasch entwickelt, können wir Hilfestellung geben. Die Bodenorganismen brauchen vor allem organisches Material, in und von dem sie leben, das sie zersetzen und daraus Stoffe herstellen, die von den Pflanzenwurzeln als Nahrung aufgenommen werden können. Dafür eignet sich alles, was die Natur selbst produziert hat. Unser Wald ist das beste Beispiel: Alles, was dort wächst, fällt früher oder später auf die Erde und wird von dem reichen Bodenleben wieder zu Pflanzennahrung verarbeitet, ob Blatt, Frucht oder Baumriese, aber auch alle Tiere unter, auf und über der Erde. Und davon lebt unser Wald wunderbar ( wenn wir Menschen nicht zu sehr eingreifen!).
Diesen perfekten Kreislauf von Wachsen – Absterben – Vergehen gilt es im Garten nachzuahmen. Dafür eignet sich hervorragend Mulchkompost. Dieser besteht fast zu 100 Prozent aus organischem Material aus dem eigenen Garten. Nur die wenige Erde, die an Unkrautwurzeln haftet, ist mineralische Beigabe. Alles, was im Garten wuchs, kommt über den Komposthaufen wieder in die Beete zurück als Futter für das Bodenleben. Rosen-, Baum- und Heckenschnitt muß gehäckselt und alles gut vermischt werden. In der warmen Jahreszeit kann nach 2 bis 3 Monaten ausgesiebt und in allen Beeten 2 bis 5 cm dick verteilt werden. Bei trockenem Wetter sollte unbedingt mit Rosengabel oder Karst (Krail) leicht eingearbeitet werden. Nie sollte man Mulchkompost a) der prallen Sonne aussetzen, b) untergraben. Überhaupt ist das Umgraben eher kontraproduktiv, weil man die gewachsene Ordnung in der Bodenschichtung zu sehr stört. Mit Spaten oder Grabegabel im Herbst grobe Schollen lockern, nicht stürzen, ist viel besser.
Vor dem Winter kann Mulchkompost sogar ungesiebt zur Anhäufelung der Rosenstöcke verwendet werden. Man muß dann aber schnellstens Reisig darüber legen, weil sonst die Amseln in kürzester Zeit die Rosenzweige wieder frei gebuddelt haben. Der Kompost ist dann gleich die Grunddüngung für nächstes Jahr.
Das oben Gesagte lässt sich m.E. nur in größeren Gärten verwirklichen, denn die Komposthaufen müssen ein beachtliches Volumen haben, um die nötige Wärme im Haufen zu erreichen. Sonst werden Unkrautsamen, Pilzsporen und ähnliches nicht abgetötet. Der Hinweis sei aber erlaubt, dass die da und dort zu sehende Unkrautinvasion nicht vom Kompost stammen muss, sondern ihren Grund in unausgewogener Bodenbeschaffenheit haben kann (Zeigerpflanzen). Es wären da wiederholte Bodenanalysen angebracht.
Der Kompost kann mit Zugabe von Hornspänen bereichert werden, man kann diese mit gutem Erfolg auch bereits im Spätwinter direkt ins Beet streuen als Langzeitdüngung. Bei sehr sandigem Boden ist Zugabe von Bentonit angebracht. Zu bindige Böden mit viel Sand, Kalk, Lava oder Blähton anreichern.
Um die Rotte zu beschleunigen und das Austrocknen des Komposthaufens zu verhindern eignet sich bestens eingeweichtes Zeitungspapier. Nach wenigen Tagen bereits ist das Gewicht der darauf entstehenden Kompostwürmer fast so hoch wie das der matschigen Papierklumpen!
Bei Neuanlage eines Gartens oder größerer Beete ist die Einsaat mit Gründüngung sehr hilfreich, auch weil ja anfangs noch kaum kompostierbare Grünmasse vorhanden sein wird. Die robusten Pflanzen durchwurzeln die rohe Erde und bringen nach dem Abfrieren oder Abmähen reichlich organische Masse in den Boden. Der Gartenbesitzer braucht aber ein Jahr lang Geduld, kann sich dafür an den vielen Blütenbesuchern erfreuen.
In kleinen Gärten wird man die Belebung des Bodens vor allem mit organischen Düngern und Kompost aus den örtlichen Kompostwerken fördern. Das ist einfacher, aber auch teurer. In Gartencentern gibt es Rat und ein großes Angebot an geeigneten Erden und Düngern. Auf jeden Fall
sollte man rohen Boden mit seinem unterentwickelten Bodenleben nicht noch mit Düngesalzen belasten.
Bei einseitigen, extremen Böden, wie etwa reiner Sandboden, Letten oder Moorboden ist Rat vom Fachmann einzuholen, mit welchen organischen Materialien man am ehesten Abhilfe schafft. Sicher ist aber, dass man die Grundstruktur eines Bodens nur wenig verändern kann. Da ist es besser, für diese Erde geeignete Pflanzen auszuwählen.
Erwin Kuhn